Das Geschäftsmodell der somalischen Piraten

Überall wo Geld verdient wird, besteht ein Geschäftsmodell. Das ist auch bei den somalischen Piraten so. Mittels der Businessmodel Canvas von Alexander Osterwalder zeige ich dieses Geschäftsmodell.

Geschäftsmodell der Piraten Somalia
Geschäftsmodell der Piraten Somalias

Die Wirtschaftszeitung Brand Eins schrieb in Ihrer Augustausgabe 2011 über folgende Zahlen:

  • 445 = Zahl der weltweiten Piratenangriffe im Jahr 2010
  • 113 Mio Euro = Summe, die Reedereien bei Geiselnahmen als Lösegeld an Piraten zahlten.
  • 6600 Mio Euro = Summe, die Reedereien zahlten, um sich vor Piratenangriffen zu schützen und dagegen zu versichern.

Ich wusste noch gar nicht, dass dieser Markt so gross ist. Schauen wir uns das Geschäftsmodell näher an. Ein Pirateneinsatz erfordert ein Miliz von mindestens 8 bis 12 Personen, die bereit sind für längere Zeit auf See zu sein, in der Hoffnung ein vorbeifahrendes Schiff zu entführen. Jedes Team braucht ein Minimum von zwei Angriffsbooten. Für diesen Zweck werden Powerboote, sogenannte Skiffs eingesetzt. Zusätzlich kommen Waffen, Ausrüstung, Verpflegung, Treibstoff und vorzugsweise noch ein Versorgungsboot. Die Kosten der Operation werden in der Regel von den Investoren getragen, einige von ihnen sind auch Piraten.

Die Streitmacht zur See

Will ein Freiwilliger sich als Pirat bewerben, sollte er bereits im Besitz einer Feuerwaffe für den Einsatz sein. Für seinen „Beitrag“, erhält er eine ‚Klasse A‘ Anteil am Profit. Piraten, die ein Boot oder eine schwerere Waffe, wie ein RPG (reaktive Panzerbüchse sowjetisch-russischer Herkunft) oder ein Allzweck-Maschinengewehr bereitstellen, sind für einen zusätzlichen Klasse-A Anteil berechtigt. Ebenso sind die ersten Piraten an Bord eines Schiffs für einen zusätzlichen Klasse-A- Anteil berechtigt sind.

Die Streitmacht an Land

Mindestens 12 weitere Freiwillige werden als Milizsoldaten rekrutiert, um das entführte Schiff an Land zu schützen. Zusätzlich kann jedes Mitglied des Piraten-Team einen Partner oder Verwandten bringen, als Teil dieser landgestützten Macht. Milizionäre müssen über eigene Waffe verfügen. Sie erhalten einen „Klasse B“ Anteil, in der Regel einen festen Betrag in Höhe von ca. US $ 15.000.

Die Versorgung an Land

Wenn ein Schiff erfolgreich gekapert und in Landnähe verankert ist, müssen die Piraten und die Milizionäre Essen, Trinken, frische Kleidung, Handys, Sprechzeiten, etc bereitstellen. Die gefangene Mannschaft muss auch gepflegt werden. In den meisten Fällen werden diese Dienste von einem oder mehreren Lieferanten erbracht. Diese nehmen eine erhebliche Gewinnspanne, erstatten die Kosten im Voraus und bekommen ihren Anteil zurück, wenn das Lösegeld schließlich bezahlt ist.

Die Verteilung des Lösegeld

Das Lösegeld beträgt je nach Grösse des Schiffes zwischen 2 – 10 Mio Dollar ( Quelle Spiegel 20. Juni 2011). Sobald das Lösegeld bezahlt ist, werden zunächst Fixkosten bezahlt. Diese sind in der Regel:

1. Bezahlung der Lieferant (en)
2. Investor (en): 30% des Lösegeldes
3. Lokale Älteste: 5 bis 10% des Lösegeldes (Ankerrechte)
4. Klasse B-Anteile (ca. 15.000 $ pro Stück): Milizionäre, Dolmetscher etc.

Der verbleibende Betrag – der Gewinn – wird zwischen Klasse-A Aktionären aufgeteilt.

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2 Gedanken zu „Das Geschäftsmodell der somalischen Piraten

  1. Salü Ludwig

    Dein Beitrag ist äusserst spannend analysiert und logisch und einfach erklärt. Die Fragen die offen bleiben, sind:

    a.) sind da studierte Marketingleute dahinter, die dieses Konzept entwickelt haben um sich vom internationalen „Milliarden-Kuchen“ auch ein Stück abschneiden zu können statt nur, vom ‚Westen‘, um Ressourcen ‚betrogen‘ zu werden oder…

    b.) ist dieses Marketing konzept durch ‚Zufall‘ entstanden? Sozusagen aus der Not, denn die macht ja bekanntlich erfinderisch.

    Interressieren würde mich natürlich auch, wie ich dieses Marketing-Konzept nun für mein Unternehmen nutzen kann, ohne mich strafbar zu machen 😉

    Gesunde Grüsse
    Emanuel

  2. Hallo Emanuel

    zu deiner Frage, ob es studierte Marketingleute sind, die dahinterstecken oder ob dieses Konzept durch Zufall entstanden ist, folgende Antwort.
    Piraterei ist ein uraltes Geschäft. Seit es Seefahrt und Seehandel gibt, gibt es Piraten, also schon seit über 3000 Jahren. Solange es kostbare Handelsschiffe gibt, werden auch in Zukunft Seeräuber nicht fern sein. Ausführlicher ist das bei Piraten – die Herren der sieben Meere beschrieben. Dort stehen auch auch Gründe, warum Piraterie entstand: von der blanken Not, den Lebensunterhalt bestreiten zu müssen, über organisiertes Verbrechen bis hin zur staatlich lizenzierten Piraterie des so genannten Kaperwesens. Deshalb vermute ich, dass dieses Geschäftsmodell zunächst aus der Praxis entstand. Wobei heute durchaus studierte Leute in dieser Branche tätig sind.

    Dein zweites Anliegen: Interressieren würde mich natürlich auch, wie ich dieses Marketing-Konzept nun für mein Unternehmen nutzen kann, ohne mich strafbar zu machen
    Was du machen kannst, ist die Businessmodel Canvas zu nutzen, und neue Möglichkeiten für dein Business zu finden. Hier geht es um um das Geschäftsmodell und das Marketing-Konzept ist ein Teil davon. Ein kurze Anleitung, wie du beginnen kannst.
    1. Bilde dein Business ab, so wie ich es mit dem Geschäftsmodell der Piraten tat
    2. Finde neue Ideen, wie du dein Geschäft auch noch betreiben kannst. Das geht folgendermassen. Nimm eine weitere Businessmodel Canvas und mache ein neues Geschäftsmodell, in dem du dir eine neue Kundengruppe bestimmst. Dann überlegst du dir, wie dein Geschäft zu betreiben ist. Dann nimmst du die nächste Canvas und findest neue Einkommensquellen. usw. Bis du 10-20 verschiedene Geschäftsmodelle gefunden hast.
    3. Wähle die 2 -3 optimalsten Geschäftsmodelle aus
    4. Mache ein Pilotprojekt um festzustellen, ob dein Geschäftsmodell funktionieren könnte.
    5. Bei Nein, abbrechen… bei Ja weitermachen

    Ich weiss die Beschreibung ist kurz. Beim Vortrag von Alexander Osterwalder erfährst du genaueres. Falls du nicht so gut Englisch verstehst, da Buch Businessmodel Generation sollte auf Deutsch (bald) erhältlich sein. Oder bei mir im Seminar vorbeischauen: Mehr Erfolg durch innovative Geschäftsmodelle.

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